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„Umwandlungen sind nicht das Problem – es muss mehr, schneller, kostengünstiger gebaut werden.“

4. Okt 2020

Dr. Jan-Marco Luczak  |  Mitglied des Bundestags für Tempelhof-Schöneberg

Exklusiv mit PB3C: Dr. Jan-Marco Luczak MdB erklärt im Gespräch mit Dr. Josef Girshovich, warum er sich so deutlich gegen das Umwandlungsverbot positioniert hat. Denn jetzt – nach Monaten zäher Verhandlungen – ist das Gesetz zur Baulandmobilisierung in die Ressortabstimmung gegangen, doch ausdrücklich ohne das umstrittene Umwandlungsverbot. Während die SPD droht, die gesamte Gesetzesnovelle zu blockieren, fordert Luczak mehr, schnelleres und kostengünstigeres Bauen sowie die weitere Förderung der Wohneigentumsbildung.

Dr. Josef Girshovich: Herr Luczak, der Koalitionsausschuss hat am 18. August 2019 beschlossen, dass bis zum Ende des Jahres 2019 ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, der die Möglichkeit zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen reduziert. Das sogenannte Umwandlungsverbot ist nun aber – auf Ihr Drängen hin – aus dem Gesetz zur Baulandmobilisierung gestrichen worden. Sie stellen sich also gegen Ihre eigene Koalition. Warum?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Vier von fünf Deutschen träumen vom Eigenheim. Mein Ziel ist es, dass mehr Menschen ihren Traum verwirklichen können. Das funktioniert aber nicht, wenn wir die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen faktisch verbieten. Dann gibt es nur noch weniger Eigentumswohnungen zu noch höheren Preisen. Auf diese Weise wird Mietersein zementiert, und den Menschen wird die Chance auf Eigentumsbildung genommen. Das halte ich für falsch und widersprüchlich. Denn mit dem Baukindergeld etwa stellen wir viele Milliarden Euro bereit, um die Eigentumsbildung der Familien zu fördern. Es ist inkonsequent, wenn wir im gleichen Atemzug das Entstehen neuer Eigentumswohnungen verhindern. Für diese Überzeugung bin ich auch innerhalb der Fraktion eingetreten. 

Dr. Josef Girshovich: Eine Mietwohnung in einer Stadt wie Berlin, Frankfurt oder München zu finden, gilt heute als große Herausforderung. Bezahlbaren Wohnraum in innerstädtischen Lagen gibt es gar nicht mehr. Wenn jetzt weiterhin Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen, führt das dazu, dass das Angebot an Mietwohnungen nochmals sinkt. Die SPD wirft Ihnen vor, dass Sie den Mietern einen „Stinkefinger“ zeigen. Wie gehen Sie mit diesem Vorwurf um?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Dieser Vorwurf ist abwegig. Viele der umgewandelten Eigentumswohnungen werden für die private Altersvorsorge gekauft. Die erwarteten Mieteinnahmen sind also Teil der Investitionsstrategie. Diese Wohnungen verschwinden also gar nicht vom Markt, sondern werden weiterhin vermietet. Doch gibt es natürlich auch Selbstnutzer. Aber auch wenn oft so getan wird: Im Falle der Umwandlung verliert der Mieter seinen Kündigungsschutz nicht, dieser erhöht sich sogar. In Berlin ist eine Eigenbedarfskündigung dann für zehn Jahre ausgeschlossen. Danach greift das reguläre Rechtsregelung: ein Eigentümer muss Eigenbedarf anmelden, nachweisen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. Gerichte sind dabei zu Recht streng, zum Schutz der Mieter.

Das eigentliche Problem ist nicht die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Um die Lage auf den Wohnungsmärkten langfristig in den Griff zu bekommen, hilft nur eines: Es muss mehr, schneller und kostengünstiger gebaut werden. Statt Verbotsdebatten zu führen, sollten wir besser ein Programm auflegen, das mehr Mieterinnen und Mietern in die Lage versetzt, ihre Wohnung kaufen zu können. Das ist besser, als die Entstehung von Eigentum zu verbieten. Im Falle der Umwandlung haben Mieter ein Vorkaufsrecht. Sie haben also die Chance auf die Bildung von Wohneigentum. Das sollten wir gezielt fördern und unterstützen, etwa durch eigenkapitalersetzende Darlehen. Denn Wohneigentum schützt vor steigenden Mieten.

Dr. Josef Girshovich: Der Bau neuer Wohnungen ist ein langwieriger Prozess. Von der Planung bis zur Realisierung vergehen Jahre, in Berlin zum Beispiel dauert es bis zum Bebauungsplan im Durchschnitt acht Jahre. Bis dahin sind die Menschen, die eine Wohnung suchen, längst weggezogen. Wird das Gesetz zur Baulandmobilisierung diesen Herausforderungen gerecht?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Das Baulandmobilisierungsgesetz enthält viele richtige und wichtige Punkte. Aber allein wird es die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen können. Das Gesetz ist nur ein Baustein von vielen. Letztlich müssen auch die Länder einen Beitrag leisten, denn sie sind oft mitverantwortlich für die steigenden Bau- und damit auch Mietkosten. Das gilt auch und gerade in Berlin, wo besonders wenig Bauland ausgewiesen wird, die Bauvorschriften immer weiter verschärft werden und Baugenehmigungsverfahren besonders lange dauern.

Auch die immer weiter steigende Grunderwerbsteuer hat in vielen Bundesländern Bauland verteuert und damit zu höheren Mieten beigetragen. Nur in Sachsen und Bayern liegt die Grunderwerbsteuer heute noch bei 3,5 %. Alle anderen Bundesländer haben zum Teil sehr deutlich an der Preisschraube gedreht. In Berlin ist sie mit 6 % bundesweit mit am höchsten. Solange dies so ist und von Rot-Rot-Grün nicht gegengesteuert wird, ist es aus meiner Sicht nicht angemessen und zeugt von Doppelmoral, wenn die Verantwortung für steigende Mieten einzig auf Privatleute abzuwälzen und ihnen die Kosten aufzubürden.

Dr. Josef Girshovich: Das Baukindergeld wird verlängert, wenn auch nur um drei Monate bis März 2021. Die Maklerprovision wird künftig geteilt: Die eine Hälfte tragen die Käufer, die andere die Verkäufer. Das sind gute Maßnahmen zur Förderung von Wohneigentum. Aber im Koalitionsvertrag ist auch die Rede von einem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien. Auch Sie haben sich im Wahlkampf und danach dafür stark gemacht. Ist Ihre Forderung nach familienfreundlichen Grundfreibeträgen bei der Grunderwerbsteuer dem nun gestrichenen Umwandlungsverbot endgültig zum Opfer gefallen?

Dr. Jan-Marco Luczak MdB: Als Union halten wir an unserer Forderung fest, die Grunderwerbsteuer zu senken beziehungsweise familienfreundliche Grundfreibeträge einzuführen. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag so festgehalten. Gerade die Grunderwerbsteuer ist in den letzten Jahren stark gestiegen und belastet Immobilienkäufer und verhindert Eigentumsbildung. Es ist Aufgabe von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, endlich Vorschläge für die Umsetzung zu unterbreiten. Leider warten wir darauf bis heute vergeblich. Für mich bleibt das Thema auf der Tagesordnung.

Haben Sie Anmerkungen oder Fragen? Dann schreiben Sie an den Leiter unserer Redaktion Dr. Josef Girshovich.