PB3C News

Sozial bleibt sicher

24. Mai 2020

Thomas Meyer  |  Wertgrund Immobilien AG

Werden Banken, Versicherungen, Versorgungswerke, Private Equity und Family-Offices nach der Corona-Krise weiterhin investieren – oder geht die Wirtschaft vom temporären Halt schnurstracks in den Investitionsstopp über? Wir Immobilienleute wähnen uns in dieser Situation in einer sicheren Lage. Wohnen muss man ja immer, arbeiten auch – auch wenn sich mancher fragt, von woher. Das Straucheln von Gastronomie, Handel und Hotellerie kann nur eine Frage der Zeit sein, ist die Meinung. Sind erst einmal die Kontakt- und Reisebeschränkungen aufgehoben, dann werden die Menschen wieder reisen, ausgehen und einkaufen wollen.

So weit, so gut. Doch es gibt auch Renditeerwartungen, und die sind Maßgabe für Investitionsentscheidungen und Assetallokationen. Für manche Branchen heißt das: Die in den vergangenen Jahren versprochenen Gewinne waren an hohe Risiken geknüpft, die sich jetzt sehr schmerzvoll bewahrheitet haben. Für andere wiederum bestätigt sich am Beispiel des gezielten und beherzten Eingreifens der Politik in den Vermietungsmarkt ein wichtiger Trend der vergangenen Jahre: In Zukunft wird noch mehr reguliert werden, ganz gleich, wie viele Argumente dagegen ins Feld geführt werden. Die Freiheit des deutschen Wohnimmobilienmarkts war schon immer eine stark beschränkte und auf das Soziale fokussierte Freiheit und die Privatisierungen um die Jahrtausendwende wahrscheinlich eine historische Ausnahme (die viele am liebsten zurückdrehen würden).

Für die Immobilienwirtschaft und deren Finanzierer und Investoren bedeutet das aus meiner Sicht Folgendes: Der öffentlich geförderte Wohnungsbau wird an Bedeutung wieder deutlich zunehmen, und zwar paradoxerweise gerade dank seiner niedrigeren, dafür aber sichereren Renditeerwartungen. Denn wenn der freie Wohnungsmarkt der Politik ein Dorn im Auge ist und allseits mit Daumenschrauben versehen wird, wenn Gewerbe, Handel und Hotellerie sich erst einmal wieder berappeln müssen und zeigen, wie volatil sie als Assetklassen sind, dann bleibt eines bestehen: die Notwendigkeit, für die größte deutsche Bevölkerungsschicht stabile und bezahlbare Wohnverhältnisse zu schaffen und dementsprechend weitere Investitionen in diesen Sektor zu tätigen. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis größere Förderprogramme auf den Weg gebracht werden, und das wiederum wird unter den Aspekten von langfristiger Rentabilität und stabilisierender Wertfaktoren zu spürbaren Investitionsverschiebungen auf Seiten der Privatwirtschaft führen.

Dieser Artikel erschien am 22.5. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.