Ihr müsst jetzt die Ärmel hochkrempeln
19. Jun 2022
19. Jun 2022
Die Zeit, in der die Immobilienbranche aus Investorensicht von der schieren Alternativlosigkeit profitiert hat, scheint vorbei zu sein. Die Zinswende und die stark steigenden Baupreise haben dafür gesorgt, dass es wieder Anlagealternativen für professionelle Investoren gibt.
Neuer Rückenwind könnte aus einer ganz anderen und ungewohnten Richtung kommen: Liquide Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen bieten kaum die Möglichkeit, unmittelbar positive, messbare und dem Investor zuschreibbare Wirkungen im Bereich der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit zu erzielen. Mit Immobilien ist unter dem Schlagwort „Manage to Green“ jedoch genau das der Fall.
Ein solcher Mehrwert gilt unter zahlreichen Investoren inzwischen als beinahe gleichwertiges Anlageziel neben der klassischen Rendite. Sei es durch energetische Sanierungsmaßnahmen, die Installation regenerativer Energiequellen oder auch im sozialen Bereich durch preisgebundenen Wohnraum. Allerdings stiftet die Frage, was überhaupt als nachhaltig gelten kann, immer noch viel Verwirrung. Manchmal widersprechen sich die Regelwerke sogar gegenseitig. Während beispielsweise gemäß EU-Taxonomie Erdgas als nachhaltig eingestuft wird, sind entsprechende Anlagen gemäß den KfW-Standards im Neubau seit Kurzem nicht mehr förderfähig. Auch besteht bei Weitem noch keine umfassende Rechtssicherheit, wie sie für das Bild des „sicheren Anlagehafens Deutschland“ wichtig wäre. Das zeigte kürzlich auch die Entscheidung der Finanzaufsicht, die ihre Richtlinie zur Überführung der EU-Taxonomie in deutsches Recht verschoben hat. Gleiches gilt für die neuen, zweistufigen Auflagen der KfW-Neubauförderung nach dem Ende der bisherigen KfW-40-Förderpraxis. Die Unwägbarkeiten sind also zahlreicher denn je.
Investoren und Asset-Manager müssen jetzt aus zwei Gründen die Ärmel hochkrempeln: Erstens, um nach dem historisch langen Boom in ihren Portfolios für Stabilität und Werterhalt zu sorgen. Und zweitens, um Immobilienanlagen auf neue Art „alternativlos“ zu machen. Dazu zählt neben den „klassischen“ energetischen Ertüchtigungen inklusive Zertifizierung vor allem die Schnittstelle zum Property-Management. High-Tech-Maßnahmen wie die systematische Verbrauchserfassung durch Smart-Metering-Systeme sind genauso wichtig wie die anschließende Optimierungsarbeit. Wenn nötig, in Form von kleineren Umbaumaßnahmen auch während der Mietlaufzeit.
Dieser Artikel erschien am 16.6. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.
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