Der Head of Research & Strategy bei BNP Paribas REIM Germany zeigt anhand guter Argumente und belastbarer Daten, warum und vor allem welche resilienten Immobilien institutionellen Investoren in ihren Portfolios als Anker in einem volatilen Umfeld dienen könnten.
Vor dem Hintergrund diverser Unsicherheiten suchen institutionelle Investoren nach Anlagemöglichkeiten, die sich in volatilen Marktphasen durch Stabilität und Krisenfestigkeit auszeichnen. Und dazu zählen in den Augen vieler institutioneller Investoren bestimmte europäische Immobiliensegmente. “Die europäische Immobilienlandschaft könnte also von der unsteten Lage in den USA profitieren – nicht als kurzfristige Opportunität, sondern als resilienter Baustein für langfristige Portfoliostrategien”, schreibt Thomas Kotyrba, Head of Research & Strategy, BNP Paribas REIM Germany, in einem “Institutional Money” exklusiv vorliegenden Beitrag.
Europas Immobilienmarkt hat seine Meriten
Auch wenn Europa wirtschaftlich eng mit den USA verflochten bleibt, deuten aktuelle Wachstumsdaten auf eine relativ robuste Entwicklung hin, flankiert durch die Zinspolitik der EZB und wachstumsfördernde Investitionsprogramme. “Zwar ist auch in Europa die Volatilität gestiegen, doch zugleich haben sich bestimmte Immobiliensegmente als vergleichsweise widerstandsfähig gegenüber makroökonomischen Schocks erwiesen”, hält Kotyrba fest.
Belastbare Daten untermauern Kotyrbas Argumente
Eine großangelegte Analyse von BNP Paribas REIM zu den Krisenjahren seit 2000 – konkret den Phasen 2001 bis 2003 (Dotcom-Krise), 2007 bis 2009 (Finanzkrise), 2011 bis 2013 (Eurokrise) sowie 2020 bis 2024 (Pandemie, Ukrainekrieg, Energie- und Inflationsschock) – liefert dazu belastbare Ergebnisse. Insgesamt umfassen diese Phasen 13 der letzten 24 Jahre.
Die Studie basiert auf mehr als 32.000 Einzelbeobachtungen in 47 europäischen Städten und analysiert die Performance unterschiedlicher Nutzungsarten anhand von vier zentralen Kennzahlen: Total Return, Capital Growth, Market Rental Value Growth sowie Net Operating Income Yield. “Ergänzt wurde die Betrachtung um einen Resilienz-Index, der zusätzlich die Unabhängigkeit der Performance vom BIP-Wachstum berücksichtigt”, merkt Kotyrba an.
Healthcare, Wohnen und Logistik sind am widerstandsfähigsten
Im Ergebnis zeigt sich Kotyrba zufolge ein deutliches Bild: Über alle vier Krisenphasen hinweg zählen Healthcare, Wohnen und Logistik zu den resilientesten Nutzungsarten.
Insbesondere das Segment Healthcare konnte durchgängig stabile Ergebnisse liefern – es belegte in allen Krisenjahren mindestens einmal den ersten Platz in der kombinierten Auswertung. In der Zählung der besten Einzelplatzierungen über alle vier Kennziffern hinweg kommt Healthcare auf 30 Top-Ränge, gefolgt von Wohnen (25) und Logistik (22).
Eine genauere Betrachtung der Standort-Nutzungsart-Kombinationen zeigt Kotyrba zufolge, dass London-Wohnen mit einem durchschnittlichen Total Return von 8,61 Prozent pro Jahr die stärkste Performance über alle Krisenjahre hinweg aufweist. Dahinter folgen Oslo-Wohnen, Marseille-Büro und Lille-Einzelhandel. München-Wohnen ist mit 6,74 Prozent pro Jahr die krisenresilienteste Kombination eines deutschen Standortes.
Im Bereich Healthcare liefern belastbare Daten seit 2007 auf Länderebene ein ähnliches Bild: Die Schweiz, Schweden und Portugal erzielen kumulierte Total Returns zwischen 6,5 und 7,3 Prozent pro Jahr in den drei relevanten Krisen. Deutschland erreicht in diesem Vergleich 4,2 Prozent pro Jahr.
Was macht Healthcare-Immobilien so krisenfest?
Ausschlaggebend ist eine Kombination struktureller und institutioneller Faktoren. Die demografische Entwicklung sorgt durch eine Verlängerung der Lebenszeit und durch ein starkes Wachstum in der Alterskohorte 80+ für eine stetig wachsende Nachfrage nach medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Leistungen – unabhängig vom Konjunkturzyklus. Dazu bieten die typischerweise langlaufenden Mietverträge (15 bis 20 Jahre) Planungssicherheit im Businessplan. Healthcare-Investments sind damit nicht nur in höherem Maße resilient, sondern auch relevant im Kontext langfristiger Nachhaltigkeitsziele vieler institutioneller Investoren aufgrund der Grundbestimmung der Nutzungsart.
Die robuste Performance des Healthcare-Sektors zeigte sich zuletzt auch während der aktuellen multiplen Krise (2000, 2022–2024): In keinem Jahr wies das Segment auf europäischem Level einen negativen Total Return auf. Im Mittel lag die jährliche Rendite bei 4,42 Prozent – deutlich über den Vergleichswerten anderer Segmente. Zum Vergleich: Logistik erzielte im selben Zeitraum durchschnittlich drei, Wohnen 2,91 und Hotels 1,57 Prozent, während das Bürosegment mit -0,39 Prozent im negativen Bereich lag.
Bildungsimmobilien schaffen in diesem Zeitraum eine Performance von 3,58 Prozent und positioniert sich damit auf Rang 2 als ebenfalls krisenrobuste Nutzungsart. Die historische Einordnung kann laut Kotyrba mangels ausreichend belastbarer Daten noch nicht erfolgen, die Eigenschaften Konjunkturunabhängigkeit und sehr langlaufende Mietverträge werden aber auch hier erfüllt.
Langfristiger Resilienzanker
“Angesichts dieser Befunde erscheint es folgerichtig, dass Healthcare-Immobilien und Wohnen zunehmend ins Zentrum strategischer Portfolioallokationen rücken – als langfristiger Resilienzanker und Performance-Treiber mit stabilen Ertragsstrukturen, die praktisch überhaupt nicht mit geopolitischen Entwicklungen oder den handelspolitischen Volatilitäten in den USA korrelieren”, erklärt Kotyrba abschließend.
Dieser Artikel erschien am 10.10.2025 auf institutional-money.com.
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