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Modulbau mit Imageproblem

1. Mai 2022

Jürgen F. Kelber  |  Dr. Lübke & Kelber

Modernes und hochwertiges Wohngefühl wird hierzulande mit Einzelstücken assoziiert. Dass dies hohe Baunebenkosten erzeugt und die Baustoffe in Einzelschritten unter hohem logistischem Aufwand geliefert und auf der Baustelle verbaut werden müssen, ist in Zeiten stetig steigender Materialpreise allerdings vor allem eines: großer Unsinn.

Angesichts der Großaufgabe, die Wohnbauoffensive bezahlbar und in möglichst kurzer Zeit umzusetzen, müssten wir viel stärker auf Masse und Standardisierung setzen. Das wurde in Deutschland in den Nachkriegsjahrzehnten sehr effizient umgesetzt. Allerdings gelten die damals entstandenen Gebäude nicht unbedingt als Idealbeispiel für hochwertiges und individuelles Wohnen. Auch die moderne Variante, die serielle Fertigung von Baumodulen in einer zentralen Produktionsstätte und deren Transport zur Baustelle, hat es imagetechnisch noch schwer. Schnell ist man gedanklich beim Plattenbau der DDR.

Der Wohnungsverband GdW rechnet mit der überschaubaren Anzahl von insgesamt 5.000 seriell gefertigten Wohneinheiten in den kommenden Jahren. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein – und es verwundert nicht, dass sich da kaum Kostenvorteile zeigen. Die nötigen Masseneffekte stellen sich nun einmal nicht bei Dutzenden Wohnungen je Modulsystem ein, sondern bei Tausenden.

Ich bin überzeugt, dass die ästhetische Komponente nicht offen genug diskutiert und erst recht nicht mit dem effizienten Bauen in Verbindung gebracht wird. Aber wie können beide Themen, Ästhetik und Effizienz, in Einklang gebracht werden?

Darauf geben die Digitalisierung und die Mathematik am Beispiel eines modularen Einfamilienhauses Antwort: Werden den Kunden fünf verschiedene Module mit fünf verschiedenen Fensterfronten sowie jeweils fünf Optionen für die Fassade und die Inneneinrichtung, fünf Dachtypen und fünf Terrassengestaltungen angeboten, sind wir bereits bei 15.625 verschiedenen Variationen der Häusergestaltung. Die erste Kombination kann der Häuslebauer dann online vornehmen, was zudem einen Teil der Kosten für Beratung und Vertrieb einspart. Und stehen beispielsweise Holzbauteile und Photovoltaikpanele gegen Aufpreis als Option zur Wahl, kann er auch noch entscheiden, wie nachhaltig er es gern hätte.

Seien wir ehrlich: Vielseitiger als das ist es de facto in Deutschland auch heute mit der konventionellen Bauweise nicht, denn schon allein die Kosten schränken die Möglichkeiten immer deutlicher ein.

Dieser Artikel erschien am 21.4. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.

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