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Warum Schwarz-Weiß-Sehen für Investoren risikoreich ist

17. Jan 2021

Klaus Speitmann  |  Swiss Life Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH      

Die teilweise deutlichen Einbrüche bei der Bürovermietung selbst in den Top-Städten sorgen bei einigen Investoren für Unruhe. Schließlich passt dies nur allzu gut in das Medienbild, demzufolge der feste Büroarbeitsplatz mehr und mehr zum Auslaufmodell abgestempelt wird. Denn gerade während des zweiten Lockdowns zeigt sich, dass sich viele Unternehmen selbst beim Homeoffice inzwischen auf eingespielte Teams und Prozesse verlassen können. Für Investoren mag daher der Gedanke naheliegen, den scheinbar konjunkturunabhängigen und sicheren Weg zu wählen und ihre Portfolios immer stärker in Richtung Wohnen zu gewichten – oder sich sogar vollständig auf Wohnnutzungen auszurichten. Für das Gesamtportfolio eines Investors ist das langfristig jedoch nicht der richtige Weg.

Erstens sind die Renditen inzwischen selbst bei Forward-Deals so niedrig, dass das Investmentkapital inflationsbereinigt mehr oder weniger gegen Beton ‚getauscht‘ wird. Neuartige Wohnungsformen wie Mikroapartments indes konnten sich bislang im ‚Langzeittest‘ noch nicht als krisensicher beweisen. Zweitens handelt es sich bei der Pandemie um eine Extremsituation, die sich hoffentlich in einer solchen Form so bald nicht wiederholt. Und genauso wie bei vielen die Sehnsucht nach der ersten Shopping-Tour wächst, freuen sich auch mehr und mehr Menschen auf die Rückkehr ins Büro.

Deshalb sollten Investoren den Faktor Corona nicht überbewerten und prüfen, welche langfristigen gesellschaftlichen Trends Bestand haben werden. Auf Basis dieser strategischen Überlegungen sind gemischte Nutzungen auf Portfolioebene nach wie vor das Mittel der Wahl. Dazu gehören neben dem Wohnen natürlich die aktuell gut performenden Logistik- oder Pflegeimmobilien, aber eben auch das altbewährte Büro. Heute vor einem Jahr hätten nur die wenigsten das gegenwärtige Corona-Szenario für möglich gehalten. Genauso gut kann es sein, dass in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren andere Schocks kommen werden – seien sie politischer, wirtschaftlicher oder technologischer Natur –, die einzelne Assetklassen ebenso aushebeln können wie die Corona-Pandemie das Büro oder den Einzelhandel.

Wir dürfen daher nicht der Verlockung erliegen, jetzt dieselben Fehler wie vor zehn Jahren zu machen: auf zu wenige Immobilien an zu wenigen Standorten mit zu wenigen verschiedenen Nutzungsarten zu setzen. Wobei Diversifikation natürlich auch bedeuten kann, das Investmentkapital auf verschiedene Vehikel und Produkte zu streuen.

Dieser Artikel erschien am 14.1. im HANDELSBLATT INSIDE REAL ESTATE vom 14.1.

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