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Erneuerbare: Hybridstrategien für weniger Volatilität

10. Okt. 2025

Detlef Schreiber  |  CEE Group

Erneuerbare Energien spielen für institutionelle Investoren inzwischen eine bedeutende Rolle bei der Asset Allocation. Versicherer profitieren von dem langfristigen Charakter, stabilen und gut prognostizierbaren Cashflows, attraktiven Renditen und dem positiven ESG-Footprint. Eine Herausforderung stellt jedoch die Volatilität dar. Die sogenannte Hybridisierung wird dabei zu einem wichtigen Baustein.

Erneuerbare Energien haben sich für institutionelle Investoren längst von der Nische zu einer strategischen Säule der Asset Allocation gemausert. Das gilt auch und gerade für die Kapitalanlage von Versicherern. Der langfristige Charakter, die stabilen und gut prognostizierbaren Cashflows, gepaart mit attraktiven Renditeniveaus, und nicht zuletzt der positive ESG-Footprint und ihr konkreter Beitrag zur Dekarbonisierung des Gesamtportfolios machen Renewables zu einer idealen Beimischung diversifizierter Allokationen. Doch ganz ohne operative Herausforderungen sind sie nicht. Dazu gehört – gerade für Versicherungsunternehmen – die naturgemäße Volatilität der Stromproduktion aus Wind und Sonne.

Die Stromerzeugung bei Erneuerbaren ist erheblichen Schwankungen ausgesetzt: tageszeitlich, witterungsbedingt, saisonal. Der durchschnittliche Ertrag über das Jahr hinweg lässt sich zwar präzise modellieren, aber für viele Versicherer ist das nicht ausreichend. Sie benötigen möglichst gleichmäßige Cashflows auch innerhalb einzelner Quartale, um bilanziell und regulatorisch kalkulierbar zu bleiben. Solvency II lässt hierbei wenig Spielraum. Breite regionale Diversifikation ist ein mögliches Gegenmittel, jedoch nur mit begrenzter Wirkung und auch nicht für jeden Investor und jedes Portfolio so einfach umsetzbar.

Hybridisierung bedeutet optimierte Nutzung der Netzanschlüsse
Ein Ansatz, der diese Herausforderung direkt auf Ebene des Assets adressiert, ist die sogenannte Hybridisierung. Gemeint ist die Kombination mehrerer Erzeugungstechnologien an einem gemeinsamen Standort – oder präziser gesagt: an einem Netzanschlusspunkt. Typischerweise wird eine Hybridisierungsstrategie mit Windkraft und Photovoltaik realisiert, zunehmend kommen aber auch (ergänzend) Batteriespeicher zum Einsatz.

Ziel ist es, unterschiedliche Erzeugungsprofile so zu koppeln, dass eine ausgeglichenere Gesamteinspeisung entsteht: Während Windkraftanlagen vor allem nachts und im Winterhalbjahr Strom liefern, produzieren Photovoltaikanlagen ausschließlich tagsüber und bevorzugt im Sommer. Ihre Volllastzeiten überschneiden sich kaum – was die Netzauslastung optimiert und das Erzeugungsprofil des kombinierten Assets glättet.

Da gerade die Netzanschlüsse immer mehr zum Flaschenhals beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren und für den Erfolg der Energiewende werden, gewinnt Hybridisierung zunehmend strategische Bedeutung für Energiepolitik und Stromversorger. Folglich hat die Bundesnetzagentur 2025 erstmals die „Überbauung“ bestehender Netzanschlusspunkte durch hybride Anlagen ermöglicht. Das bedeutet: Wind-, Solar- und Speicherprojekte können rechtlich wie technisch gemeinsam an einem Netzanschluss betrieben werden – und damit eine Infrastrukturressource nutzen, die in vielen Regionen zur limitierenden Größe geworden ist. Das ist auch für institutionelle Investoren mit Fokus auf stabile Erträge relevant.

Diese Entwicklung adressiert perspektivisch gleich mehrere Herausforderungen auf einmal: Erstens kann der Ausbau erneuerbarer Kapazitäten beschleunigt werden, ohne dass zusätzliche Netzanschlüsse installiert werden müssten.

Zweitens wird durch Hybridisierung das Erzeugungsprofil verlässlicher. Das wiederum kann die Planbarkeit der Stromvermarktung deutlich erhöhen. Das wird gerade bei Power Purchase Agreements (PPAs) ein Vorteil sein, auf die viele institutionelle Investoren mittlerweile setzen. Denn durch eine gleichmäßigere Einspeisung sinkt das Risiko für kurzfristig notwendige Zukäufe am Spotmarkt beziehungsweise für Vertragsstrafen aufgrund kurzfristiger witterungsbedingter Lieferausfälle.

Und drittens kann sich auch die Finanzierungsstruktur verbessern: Hybridisierte Projekte bieten einen verlässlicheren Cashflow, was sich positiv auf Kreditkonditionen auswirkt – insbesondere bei komplexeren Konsortialfinanzierungen, wie sie in der Assekuranz häufig zum Einsatz kommen.

Batteriespeicher als zusätzlicher Stabilitätsfaktor
Eine zusätzliche Rolle können Batteriespeicher spielen. Sie fungieren dabei als Bindeglied zwischen Stromproduktion und Netzauslastung. Bei gleichzeitigen Erzeugungsspitzen, etwa an sonnigen, windstarken Tagen, können sie überschüssige Energie zwischenspeichern und später, bei Nachfragespitzen und entsprechend höheren Strompreisen, wieder einspeisen.

Für Investoren bedeutet das neben den Hybridisierungsvorteilen zusätzliche Ertragspotenziale bei gleichzeitiger Reduktion operativer Risiken. Die Investitionskosten für solche Batteriesysteme sind bereits rapide gesunken, und der Preis pro Kilowattstunde Speicherkapazität sinkt weiter kontinuierlich.

Hybridisierung sollte nicht als alleinstehende Strategie betrachtet werden, sondern als ein wichtiger Baustein eines umfassenderen Konzepts: dem Übergang von isolierten Einzelanlagen hin zu systemisch integrierten Erzeugungsclustern. Der gemeinsame Netzanschluss ist dabei mehr als nur ein physischer Verbindungspunkt. Er wird zur operativen und bilanziellen Schnittstelle für ein ganzes Asset-Ensemble – mit abgestimmter Vermarktung, gebündelter Finanzierung und gebündeltem Risikomanagement.

Diese Entwicklung eröffnet insbesondere Versicherern neue Wege, ihre ESG-Ziele mit planbaren Cashflows aus einem granularen Asset-Portfolio zu verbinden. Voraussetzung ist jedoch ein spezialisierter Asset-Manager mit entsprechendem Track Record und technischer Umsetzungskompetenz.

Versicherungsunternehmen sind traditionell langfristig orientierte Investoren. Ihr Interesse an erneuerbaren Energien basiert nicht nur auf regulatorischen Anforderungen, sondern zunehmend auch auf einer strategischen Einschätzung: Die Energiewende ist unumkehrbar, und sie wird künftig noch stärker durch intelligente Systemlösungen geprägt sein. Hybridisierung wird dabei zu einem wichtigen Baustein, weil sie pragmatisch genau bei den Hürden ansetzt: bei der effizienten Nutzung begrenzter Ressourcen, bei der Glättung volatiler Cashflows und bei der besseren Planbarkeit einer komplexen Energieerzeugung.

Dieser Kommentar erschien am 02.10.2025 im Versicherungsmonitor.

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