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Grüner Strom vom Dach

11. Dez 2022

Raoul Malong  |  Segro

Warum profitieren die Mieter von Gewerbeimmobilien immer noch so selten von „grünem“ Strom aus Photovoltaik (PV), der auf den Dächern ihrer Objekte erzeugt wird? Denn genau das wäre ja der eigentliche Sinn – und auch die Vermarktungsstrategie – einer nachhaltigen Mietimmobilie. Das Konzept wäre nicht nur für den Mieter wichtig, der damit seine eigene Nachhaltigkeitsstrategie umsetzen kann, sondern auch ein Werthebel für den Eigentümer, der es beispielsweise seinen Finanzierern vorlegen kann.

Eine Ursache für dieses Problem liegt in der Art, in der die Stromversorgung in Deutschland organisiert ist. Bei einer klassischen Volleinspeisung des PV-Stroms ins allgemeine Stromnetz würden die Mieter der Immobilie den grünen Strom von „ihrem“ Hallendach gar nicht direkt erhalten. Den Strom stattdessen direkt an die Mieter zu liefern, ist zwar grundsätzlich möglich, aber kompliziert. Denn nachts oder in den Wintermonaten muss extern Strom zugekauft werden. Einfach wäre es, wenn der Vermieter diese Energie einkauft und weitergibt. Für den Mieter wäre das jedoch meist teurer, da er in neun von zehn Fällen ein deutlich besseres Angebot für diesen Reststrom erhalten kann als sein Vermieter.

Dieses Problem ist lösbar. Es gibt bereits Beispiele dafür, dass die direkte Belieferung des PV-Stroms an die Mieter mittels eines Mess- und Berechnungskonzepts plus externer Zukauf von Reststrom operativ und juristisch wasserdicht und zudem günstiger innerhalb einer Anlage umsetzbar ist. Doch ob eine solche Vereinbarung zustande kommt, hängt maßgeblich davon ab, wie kooperativ sich der jeweils zuständige Verteilnetzbetreiber (VNB) zeigt. Nur wenige sind bereit, eine Alternative zur Volleinspeisung oder anderen gängigen Modellen überhaupt zu prüfen. Zudem entsteht für die Netzbetreiber ein Mehraufwand, wenn der Mieter von seinem Recht Gebrauch macht, sich den Stromverbrauch bei ihm aufschlüsseln zu lassen. Außerdem gehen ihnen Entgelte verloren: Die Netzgesellschaft wird dann ja nur noch für jenen Anteil vergütet, der extern zugekauft und über das Netz des VNB durchgeleitet werden muss.

Die Vermieter sind also gut beraten, den Netzgesellschaften bei diesem Thema so gut wie möglich entgegenzukommen. Allerdings bringt das nur dann etwas, wenn sie den PV-Strom günstiger als konventionelle Energie verkaufen können. Denn wenn den Mietern der Strom vom Hallendach zu teuer wird, sind alle anderen Überlegungen und Anstrengungen sowieso hinfällig.

Dieser Artikel erschien am 8.12. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.

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