Es gibt auch eine ESG-Rendite
31. Okt. 2021
31. Okt. 2021
Kostet Nachhaltigkeit Rendite? Ich denke, das ist die falsche Frage. Genauso gut kann man fragen: Kostet Core Rendite? Beim Risiko folgt jeder der Binsenweisheit, dass mehr Rendite in der Regel mit mehr Risiko einhergeht. Um dies in Relation zueinander zu setzen, haben findige Investoren die risikoadjustierte Rendite ersonnen. Sollte es nicht analog dazu eine nachhaltigkeits- oder ESG-adjustierte Rendite geben?
Bislang bestand das magische Dreieck der Vermögensanlage aus den drei korrelierenden Ecken Rendite, Sicherheit und Liquidität. Es ging dabei niemals um die Frage nach einem „guten“ oder „schlechten“ Investment, sondern nur um die Frage nach dem Verhältnis dieser drei Faktoren, das am besten zu den eigenen Anlagezielen und zur eigenen Risikobereitschaft passt. Diese dreidimensionale Matrix müssen wir nun um eine vierte Dimension erweitern: Nachhaltigkeit. Sie korreliert ebenfalls mit den anderen drei Faktoren. Wie stark und mit welchem Vorzeichen, hängt von allen Variablen in der Gleichung ab.
So kann es sein, dass ein nachhaltiges Immobilieninvestment zwar im Ankauf teuer ist, was eine niedrige Rendite zur Folge hat, aber deshalb gleichzeitig gut vermietbar (geringes Risiko) und leicht wieder veräußerbar (hohe Liquidität) ist. Dasselbe gilt für eine Investition in die Verbesserung der Energieeffizienz: Das kostet zunächst Geld, verbessert aber langfristig nicht nur die ESG-Bilanz, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit. Im Idealfall kann am Ende sogar eine positive Korrelation zur Rendite stehen. Analog zur Frage nach Risiko und Rendite gilt auch hier: Es gibt nicht die absolut perfekte, sondern nur die für jeden Investor am besten passende Kombination aus allen Kriterien.
Dass dabei mehr Nachhaltigkeit auch weniger absolute Rendite bedeuten kann, ist so betrachtet kein pauschales K.o.-Kriterium für ein Investment. Wir müssen weg von der Frage „Was kostet mich Nachhaltigkeit an Rendite?“ und hin zu der Frage „Welche Anlage bietet das für mich richtige Verhältnis von Rendite, Sicherheit, Liquidität und nun auch Nachhaltigkeit?“.
Man kann das Konzept einer ESG-adjustierten Rendite nur abstrakt betrachten und nicht arithmetisch berechnen. Nachhaltigkeit lässt sich (nicht nur in der Immobilienwirtschaft) noch schlecht quantifizieren, und daran wird sich in mancherlei Hinsicht auch nichts ändern. Dasselbe gilt für das Risiko: Wer weiß schon, wie viel Prozentpunkte Rendite Core-Qualität in jedem Einzelfall kostet? Gäbe es so jemanden, bräuchten wir keine individuelle Due Diligence mehr.
Dieser Artikel erschien am 28.10. in der IMMOBILIEN ZEITUNG.